Warum an die Westküste von Rügen?
Weil hier noch überall die Kirche im Dorf geblieben ist – und was für schöne alte Landkirchen! Weil hier noch die Alleen wie grüne Tunnel wirken. Weil hier noch vielerorts die Erinnerungen an längst vergangene Zeiten wach werden. An Rügens Westküste reihen sich die Oasen der Ruhe aneinander: im Bauernland zwischen Vaschwitz und Natzvitz, am Rassower Strom wo Kähne am Ufer dümpeln und Segelboote übers Wasser gleiten. In Gingst, dem Städtchen, das im Mittelalter Knotenpunkt eines Handelsweges war, auf dem Salz und Heringe transportiert wurden. Aus dem Zentrum ragt St. Jacob, die sich deshalb bis heute Wegekirche nennt, wie so viele im Westen Rügens. Sie sind Landmarken, in die nach der Wende wieder Leben eingekehrt ist, in St. Katharinen in Trent mit ihrem Barockaltar, in Maria-Magdalena in Neuenkirchen mit einer Glocke aus dem 14. Jahrhundert, in St. Johannes in Schaprode mit einem einmaligen Triumphkreuz, über 500 Jahre alt. Info: www.ruegen.de
Was ist an Rügens Westküste los?
Landschaft ohne Schnickschnack, wie sie die Zünftigen, die Stillen, die Naturliebhaber mögen. Zum Beispiel auf Ummanz, einer Insel von rauer Schönheit, die mit Rügen durch eine Brücke verbunden ist. Die Handvoll Fischer, die dort im kleinen Hafen von Wasser übrig geblieben sind, haben Zeit für einen Klönschnack. Jeden Morgen tuckern sie über den Schaproder Bodden in die offene See hinaus und kommen, etwa im Spätsommer/Herbst, mit Aal und Barsch, mit Zander und Hering zurück. Dann beginnt auch die Zeit derer, die mit Fernglas an die Aussichtspunkte kommen, um die Kraniche zu beobachten. Jedes Jahr im September fliegen sie ihre Rastplätze an allen Schilfküsten der Rügenschen Boddengewässer an. Von dieser Art sind die Sensationen der Flora und Fauna an der Westküste, die von erfahrenen Rangern erklärt werden.
Was für ein abenteuerliches Land, dieses andere Rügen: die im grünen Dickicht fast versteckte und märchenhaft anmutende Kulturkirche von Landow, die Herrenhäuser hinter alten Rotbuchen, die Wege, die ins Nirgendwo führen können, die Menschen, die mehrheitlich nicht auf viele, sondern eher auf sanfte Touristen hoffen. Von hier aus gesehen, liegen die schick gewordene Promenade von Binz und der hässliche Koloss von Prora, die Große Stubbenkammer an der Kreideküste im Osten und der Circus von Putbus nur 30 Kilometer und doch Welten entfernt.
Ein bisschen familienfreundliche Abwechslung und künstliches Abenteuer hat sich jedoch auch in diese Region geschlichen: zum Beispiel auf dem Erlebnishof Kliewe in Mursewiek, im Handwerker-Museum von Gingst mit lauschigem Gartencafé.
Wie geht’s an die Westküste Rügens?
Zum Beispiel über die A 2, A 7 und A 20 oder über die A 24; nach der Rügenbrücke über Samtens nach Gingst, Ummanz oder Trent und Schaprode.
Wo übernachte ich am besten?
Zum stillen Westen, wo es nur wenige Hotels gibt, passt das ländliche Natur-Resort Gut Lebbin im ebenso stillen Norden. In dieser weitläufigen Anlage in einer Wald-, Wiesen- und Wasserlandschaft, sagen sich Fuchs und Hase und neuerdings immer häufiger Gäste aus Berlin, Hamburg oder Süddeutschland Gute Nacht. Und die genießen neben einer beruhigenden Umgebung ein Ambiente, das zum Luxus der absoluten Ruhe passt. In nur neun Suiten, die sich hinter den dicken roten Ziegelmauern und unter dem Reetdach des neuen Gästehauses verbergen, lässt es sich ebenso gemütlich wie komfortabel entspannen.
Mein Extra-Tipp:
Ein Abstecher ins Söte Länneken, also auf die Insel Hiddensee, lässt sich bestens mit einem naturnahen Urlaub an Rügens Westküste verbinden. Die Fähren von Schaprode laufen bis zu zwölfmal täglich abwechselnd die kleinen Häfen von Vitte, Neuendorf und Kloster an. Auf der Insel haben sich die Aktivitäten nicht wesentlich verändert, seit Gerhart Hauptmann oder Asta Nielsen in den 1920er und 1930er Jahren hier ihr Stammquartier hatten; ihre Häuser sind heute Museum beziehungsweise Galerie: Man bewegt sich zu Fuß, mit dem Fahrrad, hoch zu Ross oder mit der Pferdekutsche über die Insel, trifft Fischer und Schäfer und gleichgesinnte Natur- und Kulturliebhaber.
© Bernd Schiller